Berlin, Brandenburger Tor Rechtsanwältin Isabel Voß Berlin, Reichstag
Rechtsanwältin Isabel Voß

Rechtsanwältin
Isabel Voß, LL.M.
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
Franz-Mehring-Platz 1
10243 Berlin
Tel.: 030 / 447 24 390
Fax.: 030 / 447 24 391
Email: info@isabelvoss.de


Mein Foto in der Zeitung? Was kann ich tun?

Eine Situation, die jedem passieren kann:

Ein harmloser Stadtbummel, der mit einem Bild in der Zeitung endet.

Man stelle sich vor: Erna X.(Namenswahl ist rein zufällig) schlendert Samstag nachmittags durch die Stadt. Es wurde Regen angesagt, deshalb hat sie vorsorglich ihren Regenschirm mitgenommen. Es ist laut. Stimmengewirr, Polizeisirenen sind zu hören. Plötzlich kommt sie nicht weiter. Die Straße wird von einer Demonstration versperrt. Auf der anderen Seite der Straße befindet sich Erna X.s Lieblings-Shop. Zielbewusst kämpft sie sich durch die Menschenmasse auf die andere Seite durch. Die Menschenmasse tobt und schreit, plötzlich wird Erna von einer Wasserfontäne getroffen. Geistesgegenwärtig öffnet sie den Regenschirm und wehrt den Wasserstrahl ab. Erna wird von einem Blitzlicht geblendet und nimmt einen Fotografen wahr. Sie schließt den Schirm und schiebt sich durch die Menschenmasse auf die andere Straßenseite. Am nächsten Morgen wird sie zu ihrem Chef zitiert, der sie mit vor Ärger hochrotem Gesicht empfängt und mit einer Zeitung vor ihrer Nase herumwedelt. Erna X.erstarrt. Auf Seite 1 der Zeitung blickt ihr eine Frau ins Gesicht, die mit hoch erhobenem Regenschirm und wütendem Gesichtsausdruck aussieht, als würde sie den Fotografen attackieren wollen : Erna X.! Erna X. fällt in Ohnmacht. Nach erfolgreichen Erste-Hilfe Maßnahmen ruft der Chef, nun doch um seine sonst so zuverlässige Mitarbeiterin und das Ansehen seines Betriebes besorgt, Rechtsanwältin IV herbei (Namenswahl rein zufällig). Erna X. schildert den Sachverhalt und stellt IV folgende Fragen:

Darf das sein? Geht das so einfach? Gibt es nicht ein „Recht am eigenen Bild”?

Wie ist die Rechtslage?

IV erläutert ihr daraufhin, dass das „Recht am eigenen Bild” als Teil des „Allgemeinen Persönlichkeitsrechts” grundsätzlich jedermann das ausschließliche Recht gewährt, darüber zu entscheiden, ob er sich fotografieren lässt und ob und wo das Foto dann veröffentlicht werden darf.

Jedoch: Keine Regel ohne Ausnahme.

So ist im Gesetz geregelt, dass Bilder von Versammlungen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, ohne Einwilligung verbreitet und zur Schau gestellt werden dürfen.

Eine Demonstration ist eine Versammlung. Erna X. hat sich bewusst in die Menschenmenge gedrängt und war damit objektiv gesehen Teil dieser Versammlung.

Der Fotograf hat Erna X. jedoch nicht als Teil der Masse der Demonstrationsteilnehmer aufgenommen, sondern in Form einer Porträtaufnahme und so deutlich wiedererkennbar, dass ihr Chef sie bereits am nächsten Morgen wutentbrannt empfangen hat.

Erna X. wollte jedoch lediglich auf die andere Straßenseite und hatte nicht die Absicht, ihre Meinung öffentlich kundzutun.

Muss sie das so hinnehmen, fragt sie IV.

Diese erklärt ihr, dass der Ausnahmetatbestand für Bilder von Versammlungen grundsätzlich nur die Bilder erfasst, auf denen die Personen als Teil der Versammlung dargestellt werden. Ausnahmsweise können auch Teilnehmer von Demonstrationen in Form einer Porträtaufnahme abgebildet werden, wenn der so Porträtierte sich aus der Masse der Demonstrationsteilnehmer besonders hervorgehoben hat, so z.B. als Versammlungsleiter, Veranstalter oder Redner, aber auch, wenn dieser durch die Begehung von Straftaten, wie das Einwerfen von Fensterscheiben oder tätlicher Angriffe auf Dritte besonders auf sich aufmerksam gemacht hat.

In diesen Fällen wird das öffentliche Informationsinteresse gegenüber dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht als schützenswerter angesehen.

Erna X. wurde mit hoch erhobenem Regenschirm fotografiert. Für den Leser der Zeitung entsteht der Eindruck, dass sie Ihr Gegenüber mit dem Regenschirm zu attackieren versucht.

Tatsächlich wollte Erna X. jedoch lediglich den Wasserwerfer abwehren, um ihre eigene Haut zu retten. Sie ist unfreiwillig in diese Situation geraten.

IV erläutert ihr, dass es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Sowohl der Fotograf als auch der Verlag müssen prüfen, ob die Voraussetzungen einer einwilligungslosen Verbreitung vorliegen.

In Erna Xs. Fall hätte der Fotograf erkennen können, dass Erna X. keinen tätlichen Angriff auf Dritte plante, sondern den Angriff auf sich selbst durch den Wasserwerfer abwehren wollte.

Erna X. schildert IV, dass das Foto in der Zeitung sie fast ihren Job gekostet hätte. Ihr Chef befürchtet, dass sich ihr Foto negativ auf das Ansehen seines Betriebes auswirken könnte, wenn seine Mitarbeiterin mit den Demonstranten in Zusammenhang gebracht wird.

IV erklärt ihr, dass in Situationen, in denen das Fotografieren und das anschließende Veröffentlichen des Fotos zulässig wäre, dies trotzdem im Einzelfall unzulässig sein kann, wenn hierdurch ein sogenanntes „berechtigtes Interesse” des Abgebildeten verletzt wird.

Erna X.fragt, was man nun noch tun kann. Das Foto war ja bereits in der Zeitung. Es ist aber noch im Online-Bereich der Zeitung aufrufbar.

Insbesondere bei Internetbeiträgen kommt eine Beseitigung des Fotos aus dem jeweiligen Portal in Betracht, soweit die Veröffentlichung ohne Einwilligung erfolgt ist und ein berechtigtes Interesse des Fotografierten gegeben ist.

Ist das Foto in einer gedruckten Tageszeitung bereits veröffentlicht worden, kann meist nur noch eine Geldentschädigung und Schadensersatzzahlung und unter Umständen eine Gegendarstellung erfolgen, soweit eine Klarstellung zur Minderung oder Beseitigung der eingetretenen Rechtsverletzung möglich erscheint.

In jedem Fall ist ein zeitnahes Vorgehen erforderlich.